Das letzte «echte» Kleinfeldteam liefert im Cup-Halbfinal den Unihockey Tigers aus dem Emmental einen harten Cupfight. Am Ende muss sich der UHC WR knapp geschlagen geben. Ein Cupfinal bleibt in Regensdorf (vorerst) ein Traum.
Es war angerichtet. Am Samstag, 11. Januar, trafen sich die Unihockey Tigers Langnau und der UHC WR um 10 Uhr zum Cup-Halbfinal. Eine ungewöhnliche Anspielzeit, die die Morgenmenschen im Team natürlich freute, die Zuschauer und Spätaufsteher aber definitiv nicht. Der Sieger dieses Duells durfte sich über den Einzug in den Cupfinal im Berner Wankdorf freuen. Der Traum jedes Kleinfeld-Spielers, dort mal zu spielen. Für einen UHC WR wird dieses Ziel je länger je schwieriger, da immer mehr ehemalige Nationalligaspieler sich dafür entscheiden, ihre Karriere anstatt bei den Senioren auf dem Kleinfeld «auszuplempeln». Doch genau darin liegt ja die Challenge: diesen Teams mit läuferischer Überlegenheit und purer Leidenschaft den Schneid abzukaufen und sie an den Rand einer Niederlage oder eben darüber hinaus zu bringen. Hätte ein absolut Nichtsahnender sich die Ausgangslage auf dem Papier angeschaut, wäre hier seiner Meinung nach Regensdorf als Favorit ins Spiel gegangen, schliesslich spielt Rägi in der höchsten, die Unihockey Tigers IV nur in der vierthöchsten Kleinfeldliga. Doch Insider wissen, dass Rägi hier als Aussenseiter zum Halbfinalspiel antrat.
Und der Aussenseiter brachte ganz viel Leidenschaft mit. Jedes Tor, jeder Save, jeder Block, jede Körpercharge und jedes gewonnene Bully wurde so richtig abgefeiert. Nur so kann man als «echte» Kleinfeldtruppe im Cup noch was gewinnen. Rägi dominierte das Startdrittel und ging mit einer verdienten 6:5-Führung in die erste Pause. Es war ziemlich offensichtlich, dass die Tigers ihren Gegner unterschätzt hatten («wir haben die Tabelle angeschaut», hatten diese in einem Radiointerview verlauten und damit durchblicken lassen, dass das hier ein Spaziergang werden dürfte). Regensdorf war galliger als der Gegner. Es wurde richtig hart «gebüezt». Und alle drei Blöcke (auf dem Matchblatt standen gar deren 6 Blöcke) hatten bereits geskort. Es war allerdings augenfällig, dass die Rückkehr von Leitwolf K. Grill dem Team in offensiver Hinsicht enorm gut tat. Er und seine «Rollator-Fraktion» trafen 3-mal im Startabschnitt.
Der Mittelabschnitt war dann rückblickend spielentscheidend. Auf das 6:6 der Tigers vermochte Rägi, in der Person von Party Marty, noch zu reagieren und erneut in Führung zu gehen. Doch dann übernahm je länger, je mehr der Gegner das Spieldiktat. Die Zürcher standen etwas zu weit weg von ihren Gegenspielern, was diese gnadenlos auszunutzen wussten. Da war auch Hexenmeister Kübi das eine oder andere Mal absolut machtlos, obwohl er auch ein paar Big Saves auspackte und so Schlimmeres verhinderte. Rägi kam immerhin zu mehreren Überzahlgelegenheiten, weil die Ex-Grossfeldler das Tempo nicht immer ganz mitgehen konnten und die Notbremse ziehen mussten. Und im Powerplay brillierte das Duo Grill/Lätsch mit drei genialen Toren. So blieb Rägi am Gegner dran, obwohl dieser nun mehr vom Spiel hatte. Bitter war insbesondere das 10:9, bei dem der Ball vom einen an den anderen Pfosten und von dort wieder rausspickte. Doch der Schiri entschied auf Tor, obschon es niemals eines war. Kann passieren, schliesslich machen auch die Spieler Fehler. Und davon im Anschluss an dieses Phantomtor leider den einen oder anderen zu viel, weshalb Langnau bis zur zweiten Pause plötzlich auf 14:10 davon zog.
Für den letzten Spielabschnitt musste Rägi unbedingt wieder einen Gang höher schalten. Doch der Start misslang: kaum angespielt, führten die Tigers mit 15:10. Es brauchte ein paar Minuten, bis sich die Gäste gefangen hatten und sich nochmals gegen das drohende Cup-Out stemmten. Das Wankdorf war schliesslich zum Greifen nah… es fehlte nur noch dieser eine verflixte Sieg. Party Marty ging mit einem Energieanfall voran und knallte das Spielgerät zum 15:11 unter die Latte. Bravo! Kurz darauf kassierte Langnau eine weitere 2-Min-Strafe (mit dieser ruppigen Spielart lässt man dem Schiri halt keine Wahl). Nachdem Grill und Geissmann noch aus aussichtsreichen Positionen gescheitert waren, war es dann Jungspund Joye, der seinen Gegenspeler brillant umkurvte und den Ball eiskalt versenkte. Nur noch drei Tore Rückstand! «Langnau isch nervös!», polterte es aus der «Gäste-Kurve» und Maurus Mathis dachte sich, dass es mal an der Zeit war für einen seiner berüchtigten Energieanfälle. Wenn dieser Mann mal Tempo aufgenommen hat, ist er kaum noch zu stoppen – dies mussten auch die Tigers erfahren und schwupsdiwups waren es nur noch zwei Tore Rückstand und noch ganze 9 Minuten zu spielen. Rägi war zurück im Spiel! Doch Langnau unterschätzte den Gegner nun nicht mehr. Und eine Minute später ereignete sich dann die zweite spielentscheidende Szene (nebst dem Nicht-Tor-Tor, das Rägi im Mitteldrittel für kurze Zeit aus dem Tritt gebracht hatte): der UHC WR fuhr einen von vielen Kontern und scheiterte leider; im mehr oder weniger direkten Gegenzug traf das Heimteam eiskalt, aber wirklich eiskalt, zum 16:13. Eine Art Genickbruch für die Zürcher. Selbstredend gaben diese, angepeitscht von ihren Fans und vom Traum, mal im Wankdorf zu «knebeln», nicht auf und probierten es ohne Torhüter. Das 4vs3 liess sich gut ansehen, doch es war leider zu ineffizient. Die Tigers konnten drei Empty Netter oder Konter zu einer komfortablen Führung von 6 Toren verwerten. Die beiden Altmeister Schibli und Grill brachten Rägi zwar nochmals ein wenig heran, aber die Hypothek war letztlich zu gross. Die Tigers gewannen am Ende mit 21:15 ein spannendes, abwechslungsreiches und ausgeglichenes Spiel, welches auf beide Seiten hätte kippen können, wie auch der Gäste-Coach (der übrigens dank Goodwill des Schiedsrichters einer 2-Min.-Strafe entgangen war, Betreten des Spielfelds durch Betreuer während des Spiels ist strikt verboten…) eingestehen musste. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Teams lag eindeutig in der Kaltblütigkeit. Rägi hat seine Haut in diesem Halbfinal teuer verkauft. Doch es nützt halt nichts: ausgeschieden ist ausgeschieden. Endstation Halbfinal. Zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte und innerhalb von fünf Jahren stand der UHC WR im Cup-Halbfinal. Definitiv ein schöner Erfolg, auf den man in einigen Wochen auch stolz zurückblicken wird. Momentan sitzt aber die Enttäuschung noch zu tief. Das Wankdorf war zum Greifen nah… und doch so fern. Gratulation an die Langnau Tigers IV zum Einzug in den Cupfinal, geniesst es. Ein zusätzlicher Schmerz war natürlich der Anblick der Jubelszenen des Gegners nach dem Spiel, obwohl diese ziemlich dürftig ausfielen für einen Finaleinzug… Da wäre bei einem Sieg des UHC WR definitiv mehr die Post abgegangen!
Wer weiss, vielleicht kommt die Chance auf ein Spiel im Wankdorf ja früher wieder als man denkt. Man wird es zumindest in der nächsten Saison erneut versuchen.
«UHC WR: Top 4 der Schweiz»: Klingt doch ganz okay. Zumindest in der Cupkampagne. Ganz anders sieht es in der Meisterschaft aus. Dort braucht es nun die Efforts aus dem Cup, um den Klassenerhalt sicherzustellen. Talent ist in diesem Team dafür definitiv genug vorhanden. «Finger usem Arsch, Herre.»
Danke an alle, die uns in Biglen unterstützt haben. Danke an den Schiedsrichter für die souveräne Leitung des Spiels. Und danke an den Coachingstaff für seine unermüdliche Arbeit mit einer nicht immer einfachen Truppe 😉
Autor: R.G